„In jedem Einwanderungsland entstehen Enklaven“

Wirtschaftswoche Online, 11. März 2016

Herr Streeck, bei unserem letzten Interview sprachen wir über die Schuldenkrise und das bevorstehende Ende des Kapitalismus als soziale Ordnung. Das war vor der so genannten Flüchtlingskrise. Gibt es da einen ursächlichen Zusammenhang?

Nicht unmittelbar. Aber der allgemeine Zusammenhang ist die Erschöpfung des kapitalistischen Wachstumsmodells mitsamt den dadurch ausgelösten globalen Verwerfungen. In Deutschland zeigt sich diese Erschöpfung noch nicht, aber im gesamten Mittelmeerraum, den Vereinigten Staaten und dem Krisenbogen von Westafrika über die arabischen Länder bis nach Pakistan, Teile von Indien, in anderer Form auch Japan. Daran ändern auch die verzweifelten Bemühungen der Zentralbanken nichts, die Inflation und das Wachstum anzutreiben. Es bewegt sich nichts. Das Geld, das in Europa, Japan und den USA neu geschaffen wird, bleibt oben hängen, im Finanzsektor. Wie die Amerikaner sich fühlen, kann man daran sehen, wen sie in den Vorwahlen wählen. (Weiterlesen auf wiwo.de)

„Pour que l’Europe soit sauvée, il faut lever le tabou sur les nations“

Erschienen auf LeMonde.fr. Gekürzte Fassung in Le Monde, 4. März 2016, Seite 13. Deutsche Originalfassung hier.

Le projet d’un Etat-providence européen a échoué depuis longtemps. L’Etat-providence existe encore en Europe, mais seulement au pluriel, à l’échelon national et en tant qu’acquis démocratique national. Son remplacement ou même son simple accompagnement par une « dimension sociale » conférée au marché unique, dont Jacques Delors s’était fait l’avocat dans les années 1990, est resté un vœu pieux. (…)

Von Konflikt ohne Partnerschaft zu Partnerschaft ohne Konflikt: Industrielle Beziehungen in Deutschland

Erschienen in Industrielle Beziehungen, 23 (1), 47-60

Der Aufsatz betrachtet das Lebenswerk von Walther Müller-Jentsch als wichtigsten deutschen Forscher der letzten Jahrzehnte über kollektive Arbeitsbeziehungen und das „deutsche Modell“ der Sozialpartnerschaft. Im Mittelpunkt steht das von Müller-Jentsch entwickelte Konzept der „Konfliktpartnerschaft“ als Beschreibung des derzeitigen Stands der industriellen Beziehungen in Deutschland vor dem Hintergrund ihrer Geschichte seit Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Mit freundlicher Genehmigung des Rainer Hampp Verlags.

Wachsende Wirtschaft, schrumpfende Familien?

Beitrag der Projektgruppe „Soziale Bedingungen und Folgen flexibler Arbeitsmärkte“ zum Institutstag des Max-Planck-Institutes für Gesellschaftsforschung, 5.-6. November 2015

Einleitung (Wolfgang Streeck)
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Unsicherheiten und ihre Folgen für das Geburtenverhalten (Annina T. Hering)

Viele Kinder, keine Arbeit: Mütter an der Armutsgrenze (Sara Weckemann)

Aufzeichnung der Vorträge:

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Multimorbidität

Besprechung von: Tomáš Sedláček / Oliver Tanzer: Lilith und die Dämonen des Kapitals Die Ökonomie auf Freuds Couch. Hanser Verlag, München 2015.

Süddeutsche Zeitung, 13. Oktober 2015, S. 23

Manchmal kann einem sogar der Kapitalismus leidtun. Andererseits braucht, wer solche Feinde hat, nun wirklich keine Freunde. Tomáš Sedláček ist spezialisiert auf die Verfertigung von Abhandlungen über das Abgründige im kapitalistischen Wirtschaftsleben, in denen er seine Leser unter anderem mit einem end- und bodenlosen klassisch-literarischen Zitatenschatz traktiert. Zugleich ist er (nebenher?) „Chief Macroeconomic Strategist“ einer tschechischen Bank und war nach eigenem Bekunden „Wirtschaftsberater“ von Präsidenten und Ministern in der Tschechischen Republik nach der Wende zum – Kapitalismus! Ein Mensch in seinem Widerspruch? (Weiterlesen auf süddeutsche.de)

Warum der Euro Europa spaltet statt es zu einigen

Leviathan, Jg. 43 (2015), Heft 3, 365-386 (Online-Zugriff hier)

Basierend auf einem Vortrag in der Reihe „Distinguished Lectures in the Social Sciences“  am Wissenschaftszentrum Berlin, 21. April 2015

Zu den besonders ausführlich behandelten Themen im zweiten Kapitel von Max Webers monumentalem Werk Wirtschaft und Gesellschaft, überschrieben “Soziologische Grundkategorien des Wirtschaftens“ (1956 [1920]), gehört das Geld. Für den Soziologen Weber wird Geld zu Geld kraft einer „Verbandsordnung“ (ibid., 54), auch „Geldordnung“ (ibid., 125) oder „Geldverfassung“ (ibid., 145), die unter modernen Bedingungen, so Weber im Anschluss an Knapps Staatliche Theorie des Geldes (1905), nur eine von einem Staat monopolisierte sein könne (ibid., 125). Geld ist eine in einem Herrschaftsverband – ein weiterer zentraler Weberscher Begriff – ein- und durchgesetzte politisch-ökonomische Institution, die wie alle Institutionen bestimmte Interessen privilegiert und andere benachteiligt. Dies macht es zum Gegenstand gesellschaftlichen „Kampfes“ bzw., als wirtschaftliche Institution, zu einer Ressource in dem, was Weber als „Marktkampf“ bezeichnet. (…)

Vortrag und Diskussion als Video hier.


English version

New Left Review, Vol. 95, September-October 2015, pp. 5-26 (access here)


Version française

Contretemps, N° 31, Novembre 2016 (Lire la suite)

Griechenlandkrise: Gefangen in der Eurozone

Debattenbeitrag für Spiegel Online, 8. Juli 2015. English translation published on Verso Books Blog.

Es gibt noch Fortschritt in Europa. Als der damalige griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou 2011 ein Referendum über die Austeritätswünsche seiner europäischen Kollegen abhalten wollte, wurde er von diesen kurzerhand abgesetzt.

Als Nachfolger entsandten Brüssel und Berlin einen gewissen Loukas Papademos, Vertrauensmann der internationalen Finanzindustrie, der Anfang der Nullerjahre als griechischer Zentralbankchef mithalf, sein Land mit Hilfe von Goldman Sachs Euro-würdig zu rechnen. So etwas ging diesmal nicht – dank eben jener Restbestände nationaler Demokratie, die die deutschen Europhilen zugunsten einer zukünftigen „europäischen Demokratie“ suspendieren wollen. Weiterlesen